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Callejon und "Eternia": Schreck lass nach

Callejon bringen mit „Eternia“ pünktlich zum 20-Jährigen Jubiläum ihr neues Album heraus und wollen wie auf dem Vorgänger „Metropolis“ an ihren alten Sound anknüpfen. Das schaffen sie ohne Frage, jedoch lassen sie dabei ihren eigenen Stempel links liegen.

Stolpert man in die Welt des deutschsprachigen Metalcores, so stößt man unweigerlich auf die im Rheinland ansässigen Callejon, welche nun schon seit 20 Jahren immer größer werdende Massen mit ihrem nahezu rein deutschsprachigen Geschreie begeistern. Nun steht pünktlich zum Jubiläum ihr neues Album „Eternia“ bereit. Jedoch ist es nicht unbedingt etwas, mit dem man so einen Meilenstein feiern sollte.

Den Anfang macht „Eternia“, der Titeltrack selbst. Lyrics über den hausgemachten Untergang à la „Die Zukunft ist ein Leichenhaus“. Dazu ein ganz typischer Callejon-Song, welcher frisch aus dem für die Band typischen Baukasten kommt, das bedeutet treibende Haudrauf-Instrumentals und als Refrain entweder ein epischer Mitbrülltext oder stark zurückgefahrene Symphonie mit BastiBastis cleaner Stimme. Der Titeltrack glänzt hier mit seiner Unauffälligkeit, einfach ein solider Metalcoretrack. Kurz danach etabliert sich auch das Leitmotiv des Vorgängers „Metropolis“ wieder, welches sich in der ganzen Aufmachung des Albums widerspiegelt und selbst in die Videos und Texte einfließt. Callejon bauen sich einen Kosmos auf, der möglichst horror und gritty sein soll. Hier verzerrter Gesang, da ein manisches Lachen, leider zieht das so überhaupt nicht. Es führt in „Tor des Todes“ zu sehr vielen Ebenen der Vocals, welche allerdings nicht erreichen, dass hier von krasser Produktion gesprochen werden kann - eher wirkt das schnell überproduziert und vor allem unnötig. „Guillotine“ zum Beispiel zeigt zwar im Refrain, dass der Switch von bretthart zu melancholisch funktioniert, setzt dann aber eine unnötige Bridge mit Störgeräuschen an, die auch so schnell vorbei ist, wie sie kam. Und solch unnötigen Momente hat das Album dauernd. Aber es ist ja nicht nur das.

Das Album läuft nun zum fünften Mal und so wirklich in Erinnerung bleiben nur die eher negativen Aspekte und noch schlimmer, die ungenutzten Ideen, welche teilweise wirklich vielversprechend waren. Kommen wir erst zu den negativen Höhepunkten. Einerseits hat dieses Album genau das Problem, welches auch der Vorgänger hatte, nämlich die reingepresste Härte. Ja, Callejon wollten back to the roots, was nach ihrem Ausrutscher „Hartgeld im Klub“ auch bitter nötig war, jedoch hatte "Metropolis" schon das Problem, dass die Seele und Persönlichkeit fehlte. Callejon hörten sich auf einmal an wie jede andere Metalcore-Band, vor allem aus Deutschland. „Eternia“ schafft es zwar, sich wieder etwas abzuheben, allerdings keineswegs in der Qualität. Als Beispiel hier vor allem „Emokeller“ und „Silver Surfer“: Ersteres wirkt so, als hätte man sich im Hause Callejon daran erinnert, dass „ZAHQ“ ja existiert und man ja mal wieder Musik in diese Richtung machen könnte. Das klang jedoch 2008 schon mal besser. „Silver Surfer“ klingt dann einfach so, als möchte man Rammstein oder Marylin Manson Konkurrenz machen, die ja auch nicht unbedingt für die einzigartigsten Werke stehen. Beim ungenutzten Potenzial fällt sofort „Ich komme niemals an“ negativ auf. Die Ballade des Albums fängt vielversprechend an, auch wenn die Cleanvocals von Basti hier irgendwie nicht mehr die Höhen erreichen, auf welchen sie bei „Kind im Nebel“ standen. Dazu kommt dann im Refrain aber wieder das kurze Härte-Intermezzo, welches den Tonus des Songs zu Nichte macht. Das hätte so nicht sein müssen und ist einfach schade. Diese Momente hat dieses Album zu viel. Der Ansatz ist super, jedoch verläuft sich Callejon irgendwie zu sehr in den eigenen selbstauferlegten Mustern. Immerhin ist „Ich komme niemals an“ textlich wieder stark.

Einerseits enthält dieses Album viele Ansätze, welche gefallen und Spaß machen, jedoch werden diese in 9 von 10 Fällen einfach fallen gelassen und weichen lieber dem Altbekannten. Und noch schlimmer als ein schlechtes Album ist ein egales Album, welches immer gut ansetzt, aber nie gut vollendet. Jedoch kommt zu diesem Aspekt dazu, dass Callejon mit „Eternia“ so überhaupt nicht in Erinnerung bleiben. Die kurzen, aber eindrücklichen Momente von Alben wie „Wir sind Angst“ fehlen nahezu komplett und machen diese Platte einfach nur egal. Callejon klingen hier so, als würde sie sich selbst nacheifern, um irgendwem zu gefallen. Jedoch wissen sie noch nicht wirklich wem.

Fazit

4.1
Wertung

Callejon setzten an und bringen nichts zu Ende. Es ist frustrierend, wenn von guten Anläufen nur dauerndes Stolpern und woanders ansetzen bleibt, vor allem, wenn einem der alte Zeitgeist im Weg steht. Zwischendrin dann noch die unnötig überproduzierten Momente, welche richtig krass wirken sollen, dies aber fast nie schaffen. Und dann noch wirklich schlecht klingende Songs wie „Emokeller“. Dazu uneinprägsame 08/15-Metalcore-Songs und dieses „Horrorcore“-Label, welches die Band deutlich zu ernst nimmt. Dabei ist das einzig Gruselige an „Eternia“, wie irrelevant dieses Album ist.

Dave Mante
6.5
Wertung

Ich bin hin- und hergerissen. "Metropolis" war für mich der richtige Schritt weg vom "Fandigo"-Sound und wieder hin zu mir Spaß bringender Musik von Callejon. Es hängen zu viele Erinnerungen an der Musik dieser Band, um sie nicht mehr zu hören und zu mögen. Vielleicht führt dieser emotionale Vorsprung dazu, dass ich auch in diesem Album ein solides und Callejon-typisches Werk sehe, welches ich nach mehreren Anläufen gerne höre, ohne dass der Band der Schritt zurück zum Sound meiner Jugend gelungen ist. 

Mark Schneider